Mehr als 60% des Gebietes nimmt der Wald ein. Dies entspricht einer Fläche von etwa 67.000 Hektar. Die positiven Wirkungen des Waldes auf Klima, Luft und Wasserhaushalt sind unverzichtbar für die Bevölkerung im Wienerwald und den Ballungsraum Wien. Der Wienerwald ist zudem liebgewonnener Lebens- und Erholungsraum für BewohnerInnen und Erholungssuchende zugleich. Der Wald ist auch wichtige Wirtschaftsgrundlage, schafft Arbeitsplätze und beherbergt sensible ökologische Gebiete, wie die Kernzonen im Biosphärenpark Wienerwald.
Wald ist jedoch nicht gleich Wald! Bemerkenswerte 33 unterschiedliche Waldtypen wurden im Rahmen des Biodiversitätsmonitorings in den Kernzonen kartiert.
Ausgedehnte Buchenwälder
Buchenwälder, wie sie in Mitteleuropa in dieser Ausdehnung kaum noch zu finden sind, prägen große Waldbereiche des Wienerwaldes. Sie sind die häufigsten Waldtypen im Biosphärenpark. An feuchteren und nährstoffreichen Standorten bilden sie hallenartige, oft unterwuchsarme Bestände. Unter trockenen, flachgründigeren und nährstoffärmeren Bedingungen gibt es aber auch Buchenwaldtypen mit Unterwuchs aus Seggen und Gräsern und besonders schützenswerten Orchideenvorkommen. Die Larve des EU-weit geschützten Alpenbocks lebt im besonnten Totholz großer Buchen.
Die Entwicklung vom Ei zum Käfer braucht beim Alpenbock etwa drei Jahre, die Art gilt in der gesamten europäischen Union als gefährdet und daher besonders schützenswert
Eichen-Hainbuchen-Wälder – Hotspots der Vielfalt
Auf tonreichen, nicht zu trockenen Böden wachsen Eichen-Hainbuchen-Wälder. Durch die guten Bedingungen können Eichen hier Jahrhunderte alt und sehr mächtig werden. Wenn die Eichen ihren gesamten Lebenszyklus vom Keimling bis zum absterbenden, zerfallenden Baum durchlaufen können und danach noch Jahrzehnte als Totholz vorhanden sind, bieten sie tausenden Tier- und Pilzarten Lebensraum. Besonderheiten sind z.B. Mittelspecht, Großer Eichenbock und Berliner Prachtkäfer.
Der Große Eichenbock ist eine besondere Rarität und in seiner Entwicklung auf alte Eichenwälder angewiesen. Er zählt zu den größten Käfern Mitteleuropas und ist EU-weit geschützt.
Unterwuchsreicher Eichenwald im Biosphärenpark Wienerwald
Flaumeichenwälder
Besonders artenreich ist der lichte Flaumeichenwald in den trockenen Gebieten des Karbonat-Wienerwaldes. Die knorrig wachsende Flaum-Eiche hat ihr Hauptverbreitungsgebiet im nördlichen Mittelmeerraum und erreicht hier am Alpenostrand eines ihrer nördlichsten Vorkommen. Der Unterwuchs ist reich an wärmeliebenden Arten wie Diptam oder Blutstorchenschnabel. Anspruchsvolle Tierarten wie Smaragdeidechse und Segelfalter leben hier.
Flaumeichenwälder lassen genügend Licht und Wärme zum Boden, die krautige Vegetation ist daher besonders üppig. So kommt auch die Gekrönte Kronwicke hier vor.
Auch die Tierwelt mit beispielsweise der Smaragdeidechse ist sehr artenreich.
Schwarzföhrenwälder
Charakteristisch sind die bizarren Schwarzföhrenwälder auf den Kalk-Klippen an der Thermenlinie und im südlichen Karbonat-Wienerwald. Auf den Felsen können wegen der schlechten Wasserversorgung anspruchsvollere Baumarten nicht überleben. Die Schwarzföhre überlebte die letzte Eiszeit als einzige Baumart im Gebiet des Wienerwaldes in tief eingeschnittenen, felsigen Tälern wie z.B. der Mödlinger Klause. Davon zeugen auch einige andere seltene Pflanzenarten wie die Felsen-Wolfsmilch, die als Eiszeitrelikte nur gemeinsam mit der Schwarzföhre vorkommen.
Auf vielen ehemaligen Hutweide- und Weingartenflächen an der Thermenlinie wachsen heute sekundäre Schwarzföhrenwälder, die sich in den nächsten hundert bis zweihundert Jahren wieder zu natürlichen Laubwäldern entwickeln werden.
Natürliche Schwarzkiefernwälder sind ein europaweit geschützter Lebensraum und kommen in Österreich nur an der Thermenlinie und in Südkärnten vor.
Gipfel-Eschenwälder - Auwald am Gipfel
Eine weitere Besonderheit des Wienerwaldes ist der Gipfel-Eschenwald. Ihn findet man auf lehmigem Boden in den Gipfelbereichen der „Wienerwald-Berge“. Der Unterwuchs mit Schneeglöckchen, Lerchensporn und Brennnessel hat Ähnlichkeiten zu einem Auwald.
Dort können sich im Windschatten Schnee, Laubstreu und Nährstoffe ansammeln.
Ahorn-Linden-Wälder
Ahorn-Linden-Wälder sind besonders reich an Baum- und Straucharten wie Sommer-Linde, Spitz-Ahorn, Mehlbeere, Trauben-Eiche, Hasel, Pimpernuss und Liguster. Wärmeliebende Arten wie Schwarz-Germer und Schwalbenwurz sind typisch. Im Zuge des Biodiversitätsmonitorings in den Kernzonen wurde festgestellt, dass diese Wälder im Karbonat-Wienerwald wesentlich weiter verbreitet sind, als bisher angenommen.
Eine EU-weit geschützte Besonderheit auf steilen, steinigen Hängen und Schutthalden sind die Linden-Hangschuttwälder.
Die Pimpernuss wächst ebenfalls in der Strauchschicht.
Lebensraum Totholz
Ein wichtiger Lebensraum im Wald ist das Totholz - natürlich abgestorbenes Holz. Von und in ihm leben zahlreiche sehr seltene und hochspezialisierte Tiere wie Alpenbock, Weißrückenspecht oder Fledermäuse. Auch zahlreiche Vögel wie der Weißrückenspecht und viele gefährdete Pilzarten wie der Eichenzungenporling haben im Totholz ihr Zuhause. Totholz ist nicht nur in den Kernzonen wichtig sondern auch im Wirtschaftswald, da viele Arten von ihm abhängig sind. Empfehlungen für Totholzmengen im Buchen- und Eichenwald im Wirtschaftswald des Biosphärenpark Wienerwald wurden in einem von der Akademie der Wissenschaften geförderten Forschungsprojekt "Nachhaltiges Waldbiomassenmanagement im Biosphärenpark Wienerwald" erarbeitet.
Ein Nachbesiedeler von vom Weißrückenspecht geschaffenen Höhlen ist die Bechsteinfledermaus. Benannt ist sie nach einem Forstmann, der sich schon im frühen 19. Jahrhundert für den Schutz der Fledermäuse eingesetzt hat.
Mächtige abgestorbene Eichen finden sich vor allem in den Kernzonen des Biosphärenpark Wienerwald, herausragend dabei ist der Johannser Kogel im Lainzer Tiergarten.
Eine gebrochene Eiche in einer Biosphärenpark Kernzone. Im Rahmen des Projekts Totholzsukzession wurde die Besiedelung durch Pilze und Totholzkäfer untersucht.
Der Weißrückenspecht ist ein Bewohner totholzreicher, naturnaher Laubwälder. Er zimmert seine Bruthöhle meist in abgestorbene Laubbäume.
Waldbewirtschaftung
Die Wälder im Biosphärenpark Wienerwald werden mit Ausnahme der Kernzonen, Naturwaldreservate sowie freiwillig außer Nutzung gestellter Waldbestände bewirtschaftet. Die Nutzung der Wälder steht nicht im Widerspruch zum Biosphärenpark, sondern trägt zur nachhaltigen Entwicklung im Sinne der UNESCO-Modellregion für Nachhaltigkeit bei.
Die gesetzliche Grundlage für Forstwirtschaft bildet auch im Biosphärenpark das österreichische Forstgesetz. Die Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen wird von Bezirks- und Landesforstinspektionen geprüft. Ein wesentlicher Punkt ist die Verpflichtung des Waldeigentümers zum Walderhalt. Werden reife Waldbestände genutzt, so ist für Verjüngung zu sorgen. Im Wienerwald findet diese zumeist auf natürlichem Wege statt. In den Buchenwäldern wird sukzessive das Kronendach geöffnet, damit mehr Licht auf den Boden gelangt. Haben die heranwachsenden Jungpflanzen eine ausreichende Höhe erreicht, wird das Altholz entfernt, und ein neuer Waldbestand entsteht.
Pflege- und Nutzungsmaßnahmen im Wald werden vom Grundeigentümer getätigt bzw. beauftragt. Waldeigentümer verfolgen bei der Bewirtschaftung ihrer Wälder mitunter sehr unterschiedliche Zielsetzungen: So haben Großbetriebe meist ein wirtschaftliches Interesse an der Holznutzung oder stellen Erholungswälder für die Bevölkerung bereit. Kleinwaldeigentümer, die häufig aus dem bäuerlichen Umfeld stammen, sehen in den Wäldern oft eine „Sparkasse“: Stehen Investitionen an, wird der Wald zur Finanzierung genutzt.
Bei der Holzernte entsteht ein erhebliches Gefahrenpotenzial. Aus diesem Grund werden die Wälder für Erholungssuchende befristet gesperrt und dürfen nicht betreten werden.
Während der Forstarbeit trägt man eine Schutzausrüstung bestehend aus festem Schuhwerk mit Stahlkappe, Schnittschutzhose, Warnjacke, Helm mit Gehör- und Gesichtsschutz sowie Schnittschutzhandschuhen.
Die Holzernte erfolgt heutzutage oftmals mit dem Harvester. Auf vorgegebenen Rückegassen befährt die Maschine den Wald, schneidet Bäume um, zerteilt diese und legt die sogenannten Sortimente an der Rückegasse ab.
Weitere Informationen
Mehr zum Lebensraum Wald erfahren Sie auch in der Publikation Wälder im Wienerwald, herausgegeben vom Biosphärenpark Wienerwald Management. Das kostenlose Buch ist im Biosphärenpark Wienerwald Büro vorrätig und kann auch bei Partnern, wie dem Forstamt der Stadt Wien, im Besucherzentrum Lainzer Tiergarten (Eingang Hermesstraße) abgeholt werden.
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Wälder im Wienerwald
Das vorliegende Buch beschreibt die verschiedenen Waldtypen und deren einzigartigen Lebewesen im Biosphärenpark Wienerwald.