Totholzkäfer: Anspruchsvolle Zeigerarten für intakte Waldlebensräume

Die Niederösterreichischen Großschutzgebiete bieten unterschiedlichste, ökologisch intakte Lebensräume. Unter anderem bestehen hier weiträumige naturnahe Wälder mit vielen alternden und bereits abgestorbenen Bäumen. Diese beherbergen hochspezialisierte Artengruppen, darunter eine Fülle an xylobionten, also totholzbewohnenden Käfern. Sie wurden in einem mehrjährigen Projekt der vier Schutzgebiete kartiert. Ein Gesamtbericht über alle in drei Projektjahren gewonnenen Ergebnisse bietet spannende Einblicke in die Käferartenfülle von Nationalpark Donau-Auen, Nationalpark Thayatal, Biosphärenpark Wienerwald sowie Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal.

Natürlichen Auwälder, wie sie im Nationalpark Donau-Auen vorkommen, weisen in Relation zu anderen Waldtypen ein geringes Alter auf. Wiederkehrende Hochwasserereignisse führen dazu, dass die Vegetation laufend im Umbruch ist. Bäume werden weggeschwemmt, andernorts entstehen neue Standorte, die besiedelt werden. Das Artenspektrum umfasst typische Käfer von Auen, die reich an Totholz und höhlentragenden Altbäumen sind. Auch Schwemmholz stellt einen wesentlichen, artenreichen Lebensraumtyp dar. Besonders bemerkenswert waren fünf Funde des seltenen Vielpunktierten Pappelbocks (Saperda punctata). Dieser stark gefährdete Bockkäfer gilt als wärmeabhängig und kommt in Gebieten mit subkontinentalem oder kontinentalem Klima vor. Die Larve besiedelt austrocknende Stammteile und Kronenäste von Ulmen.

Die leicht zugänglichen Wälder auf den Plateaulagen im Nationalpark Thayatal wurden historisch durch die Forstwirtschaft zwar genutzt, aber nun entwickeln sich die Bestände wieder zu naturnahmen Mischwäldern. Hier leben u. a. ausgesprochen wärmeliebende Spezies. Sie profitieren von der engen Verzahnung an blütenreichen Magerwiesentypen und wärmegetönten Waldlebensräumen in den steilen Talhängen des Schutzgebiets am Übergang zwischen Wein- und Waldviertel. Hervorzuheben ist hier der vom Aussterben bedrohte Weißschuppige Ohnschild-Prachtkäfer (Acmaeoderella flavofasciata), von dem vier Exemplare nachgewiesen werden konnten. Seine Larven entwickeln sich unter der Borke und im Splint stehender, austrocknender und sonnenexponierter Laubbäume wie Eichen und Kastanien.

Der Biosphärenpark Wienerwald setzt ein Konzept um, das ein Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Artenvielfalt, dem Ausbau der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und dem Erhalt der lokalen, kulturellen Werte ermöglicht. 33 unterschiedliche Waldtypen kommen hier vor. Höchst anspruchsvolle Charakterarten naturnaher Buchenwälder sowie Mulmhöhlenbesiedler konnten im Rahmen der Erhebung nachgewiesen werden. Der Berliner Prachtkäfer (Dicerca berolinensis) ist eine hier aufgefundene spezielle Art, 16 Exemplare wurden erfasst. Er kommt bevorzugt in Wäldern mit einem hohen Anteil an Rot- und Hainbuche vor und ist auf die kontinuierliche Verfügbarkeit von großdimensioniertem, liegendem und stehendem Totholz angewiesen.

Mit dem Urwald Rothwald verfügt das Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal über den größten Urwaldrest des Alpenbogens. Auf Grund der Kessellage, dem historischen Streit über Grenzverlaufe, zu geringen Wassermengen in den Bächen für Holztransport und langen Wintern mit extremen Schneelagen konnte der Urwald bis heute überdauern. Es finden sich viele typische Bergland-Käferarten, die sich bevorzugt in großen Nadelholzstämmen entwickeln. Einer von ihnen ist der seltene Zottenbockkäfer (Tragosoma depsarium), von dem drei Exemplare gefunden werden konnten. Die Larven leben bodennah in vermorschtem und verpilztem Nadelholz, das der Sonne ausgesetzt ist. Der nachtaktive Käfer bewohnt alte Stümpfe und schon längere Zeit liegende Stämme größerer Dimensionen, er versteckt sich tagsüber unter der Rinde.

Das Gemeinschaftsprojekt „Erfassung, Verwaltung und Darstellung der Biodiversität in den niederösterreichischen Großschutzgebieten“ mit Laufzeit von Jänner 2022 bis Dezember 2024 wurde im EU-Programm Ländliche Entwicklung gefördert.

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Totholzkäfer in den niederösterreichischen Großschutzgebieten

Der "Totholzkäfer-Bericht" beinhaltet die Ergebnisse der Totholzkäfer-Kartierung aus den Jahren 2022 bis 2024.

Im Rahmen eines Kooperationsprojekts wurde die xylobionte Käferfauna in den Gebieten Nationalpark Donau-Auen, Nationalpark Thayatal, Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal und Biosphärenpark Wienerwald erhoben und analysiert. Ziel der Studie ist, die wichtigsten Schutzgüter (hochrangige Rote Liste Arten, Urwaldrelikarten und FFH-Arten) und ihre Lebensraumansprüche zu beschreiben, um die Bedeutung der Gebiete und ihres Beitrags zum landes- und bundesweiten Schutz der Biodiversität zu erfassen und darzustellen.