Baumstamm

Klimawandel im Lebensraum Wald

Allgemeines

Der Biosphärenpark Wienerwald ist eine mehr als 100.000 Hektar große Modellregion im Westen der Großstadt Wien und in Niederösterreich, in der viel Wert auf den Erhalt der Artenvielfalt, aber auch auf den Ausbau der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und den Erhalt der kulturellen Werte gelegt wird. Auch bei Veranstaltungen wird versucht, den Aspekt des Naturschutzes und der Nachhaltigkeit den BesucherInnen nahezubringen.

Im Rahmen meines Einsatzes als Praktikant des Freiwilligen Umweltjahres galt es auch, ein Medienprojekt umzusetzen. Ich habe mich dazu entschieden, mich mit den klimawandelbedingten Herausforderungen im Lebensraum Wald am Beispiel der Lebensregion Biosphärenpark Wienerwald zu beschäftigen. Der Wienerwald spielt eine wichtige Rolle bei der Milderung der negativen Klimaveränderungen, immerhin trägt der Wienerwald dazu bei, die Temperaturen in Wien um bis zu 6 Grad zu senken. Ohne dieser grünen „Lunge“ wäre es in Wien besonders im Sommer noch viel heißer.1

Beispiele für Auswirkungen der Klimakrise im Lebensraum Wald

Einige Baumarten sind besonders stark durch den Klimawandel betroffen. So z.B. die Fichte, die Trockenheit und die höheren Temperaturen schlecht verträgt und deswegen weniger resistent gegen Borkenkäferbefall ist (Abbildung 1). Zur Fichte ist jedoch auch anzumerken, dass sie natürlich nur im westlichen Wienerwald, beigemischt in Buchen-Tannen-Wäldern, vorkommt. Fichten-Reinbestände sind durch den Menschen gepflanzt und besonders gefährdet. Es ist zu erwarten, dass der Fichtenbestand in den kommenden Jahren zurückgehen wird, da diese Baumart mit den Bedingungen in Zeiten der Klimakrise nicht zurechtkommt. Während einige Baumarten unter dem Klimawandel leiden, können andere davon profitieren – es wird Gewinner und Verlierer geben. Zu den Gewinnern zählen, wenig überraschend, trockenheits- und hitzeresistente Arten, wie die heimischen Eichen (Abbildung 2). Die Forstwirtschaft, die den natürlich nachwachsenden Rohstoff Holz nutzt, hat zudem Überlegungen angestellt und Erfahrungen zu sogenannten Gastbaumarten gesammelt. Dabei wurden insbesondere raschwüchsige Arten, wie die Douglasie oder die Roteiche, die unter vergleichbaren klimatischen Bedingungen gedeihen, aber von Natur aus auf anderen Kontinenten vorkommen bei uns ausgepflanzt.

Neben den Temperatur & Niederschlagsänderungen treten auch vermehrt Sturmschäden und Windwürfe im Wienerwald auf. Dadurch können ganze Waldflächen Schaden nehmen. Dies hat die Destabilisierung des Waldgefüges zur Folge. Es kommt auch vor, dass umfallende Bäume andere intakte Bäume verletzen, wie auf Abbildung 3 zu sehen ist. Durch die verursachten Wunden sind dann diese Bäume anfälliger für Pilz- oder Schädlingsbefall. In den letzten Jahren ist die Region Wienerwald jedoch von starken Sturmschäden verschont geblieben, im Vergleich zu Süd- oder Westösterreich. Meistens fallen nur einzelne Bäume um und der Wald kann sich relativ rasch erholen.

Das Ökosystem Wald hat auch mit Neobiota (Pilze, Pflanzen, Tiere) also nicht-einheimischen Arten zu kämpfen. Diese beeinträchtigen Wälder, indem sie mit einheimischen Arten konkurrieren und das Nahrungsnetz stören. Ihre Verbreitung führt zu einem Rückgang der Artenvielfalt und verändert ökologische Prozesse. Invasive Pflanzen können erhebliche ökonomische Schäden und langfristige ökologische Probleme verursachen. Ein Beispiel für ein Neobiot im Pflanzenreich (=Neophyten) wäre der Schmetterlingsflieder (Abbildung 4). Dieser breitet sich schnell aus und benötigt viel Wasser. Außerdem verdrängt er heimische Arten. Im Pilzreich (=Neomyceten) wäre das Falsche Weiße Stängelbecherchen zu nennen, welches um 2010 eingeschleppt wurde2 und das Eschentriebsterben verursacht (Abbildung 5). Der Pilz befällt dabei den Baum und verursacht verlichtete Kronen, Blätter und Zweige vertrocknen. Es wird vermutet, dass sich der Pilz auch aufgrund der steigenden Temperaturen gut ausbreiten kann. Bis heute haben Eschen damit zu kämpfen, obwohl sie eigentlich eine klimafitte Baumart wären.

Ein zentraler Faktor in Zeiten der Klimakrise ist die Verjüngung des Waldes und damit einhergehend die Wald-Wild–Beziehung. Wälder sind ganz unbestritten Bestandteil des natürlichen Lebensraums von Wildtieren wie Rehen, Rotwild oder Wildschweinen. Auch durch das Fehlen natürlicher Feinde wie Wolf, Luchs oder Bär sind die Wildstände in den heimischen Wäldern, zumindest regionsweise, jedoch massiv überhöht. Dadurch kommt es zu negativen Auswirkungen für die Jungpflanzen – vor allem der Verbiss von Keimlingen und Jungpflanzen verhindert die natürliche Entwicklung des Waldes. Rehe bevorzugen eher Tannen und Laubbäume und weniger Fichten und Kiefern. Die Tiere verursachen Fege -und Verbissschäden an den Jungpflanzen (Abbildung 6), und somit entsteht ein wirtschaftlicher Schaden. Auch ein ökologischer Schaden ist zu erwarten, denn dieser selektive Verbiss kann den Ausfall der Tanne und somit eine Entmischung als Folge haben. Der Baumstamm kann nicht mehr gerade nach oben wachsen, sondern es entsteht langsam eher ein strauchförmiges Gebilde.

In der folgenden Galerie sind beispielhafte Auswirkungen vom Klimawandel im Wald zu sehen:

Mögliche Anpassungsstrategien

Es gibt einige Strategien, um den Herausforderungen entgegenzuwirken. Vor allem im bewirtschafteten Wald lässt sich viel tun, wie z.B. einen sogenannten naturverjüngten Wald zu fördern (Abbildung 7). Vor allem bei gefährdeten Waldbeständen in fortgeschrittenem Alter ist dies sinnvoll und gut möglich.

"Der große Vorteil ist, dass die Jungbäume schon an den jeweiligen Standort (z.B. genetisch, Umweltbedingungen, Boden) angepasst sind und da keine Forstpflanzen bestellt, angeliefert und ausgebracht werden müssen, bedeutet dies geringere Kosten und Aufwand.“ (Ramona Gockert, ÖBf)

Naturverjüngung kann etwa dadurch gefördert werden, dass in für die Baumart angemessenem Umfang aufgelichtet (=Bäume entfernt) wird. Lichtbaumarten, wie z.B. die Eiche, benötigen deutlich mehr Licht als etwa Buche und Tanne, die als Schattenbaumarten bezeichnet werden. Wenn allerdings zu viel Licht auf den Waldboden kommt, können sich konkurrierende Arten wie Brombeere oder Adlerfarn schnell verbreiten.3 Eine lebensraumangepasste Wilddichte ist dabei von hoher Bedeutung, damit die Jungpflanzen nicht verbissen werden.

Um die Naturverjüngung zu unterstützen können auch sogenannte Überhälter (Abbildung 8) genutzt werden, die beim Entnehmen des Holzbestandes stehen gelassen werden und durch ihre Samen neue Bäume entstehen können.

Eine weitere Idee sind Biotop- bzw. Veteranenbäume. Diese werden, ähnlich wie beim Überhälterprinzip, stehen gelassen, wenn der restliche Holzbestand geerntet wird. So bieten sie einen naturschutzfachlichen Mehrwert indem sie Unterschlupf für zahlreiche Tierarten wie Specht und andere Vögel, aber auch für Pilzarten und Insekten sind. Bei dem Biotopbaum in Abbildung 9 handelt es sich um eine Traubeneiche. Die Bundesforste bemühen sich, mindestens 5 Biotopbäume, die im Ökosystem sehr wichtig sind, pro Hektar im Wald zu belassen.4

Totholz, also abgestorbenes Holz im Wald zu belassen, kann auch eine mögliche Strategie sein (Abbildung 10): Durch dieses können nämlich nicht nur wichtige Schlüsselarten Unterschlupf finden, wie z.B. Fledermäuse, Holzbiene, Hirschkäfer, sondern es ist auch ein wichtiger Wasserspeicher und agiert wie ein Schwamm, wie im untenstehenden Video zu sehen ist. Durch dieses gespeicherte Wasser was dann in Folge langsam abgegeben wird, wird das Ankeimen von Pflanzen aller Art erleichtert.

Totholz Zusammenpressen ©BPWW / H. Brenner

Forstbetriebe oder Waldeigentümer können durch die Errichtung eines klimafitten Mischwalds den Waldbestand stabilisieren und an den Klimawandel anpassen. In einem solchen Wald wird meistens die Baumvielfalt stark erhöht. Dadurch ist das Waldgebiet weniger anfällig gegenüber Schädlingen und Krankheiten, aber auch gegenüber Trockenheit oder Extremereignissen. Bei meiner Exkursion mit den Bundesforsten konnte ich mir eine solche Fläche ansehen, wo genau das versucht wird.

Durch den schlecht wasserversorgten Boden kann es sein, dass der auf dem Bild zu sehende Standort (Abbildung 11) in Zukunft nicht mehr für Buchen geeignet sein wird. Deswegen wurden die Traubeneiche und Weißkiefer natürlich verjüngt. Das ist immer ein kostspieliger Aufwand. Einerseits musste der Boden stark bearbeitet werden. Andererseits muss das Baumartenverhältnis gelenkt werden, also unter anderem die Jungpflanzen der Buchen händisch entfernt werden (zurückzwicken, zurückschneiden). Durch diese Umstrukturierung wird der Waldbestand in Zukunft bestehen bleiben können, da mehr Stabilität auf die Fläche gebracht wurde. Durch Forschung und Monitoring dieser Flächen können wichtige Erfahrungen für weitere Vorhaben gewonnen werden.

In der folgenden Galerie sind Beispiele von Anpassungsstrategien gegen den Klimawandel zu sehen:

Wie kannst du den Lebensraum Wald schützen?

Die meisten Menschen besitzen keine eigenen Waldflächen und können somit die oben beschriebenen Maßnahmen nicht selbst umsetzen. Es gibt trotzdem einiges, was man als Privatperson tun kann, um den Wald zu schützen:

  • z.B gibt es einige Baumpflanzaktionen wo man teilnehmen kann (wie etwa den "Wald der Jungen Wienerinnen")
  • den Wald nur auf gekennzeichneten Wegen betreten ist auch wichtig damit Wildtiere ungestört leben können und Jungpflanzen nicht geschädigt werden
  • Wildruhezonen beachten (Abbildung 12), Müll im Wald aufsammeln und Holzprodukte nur aus nachhaltiger Forstwirtschaft kaufen.
  • Zigarettenstummel im Wald liegen zu lassen sollte unbedingt wegen der Waldbrandgefahr vermieden werden
  • Hunde sollten im Wald angeleint werden, denn bei Kontakt mit Wild kann es zur Übertragung von Krankheiten kommen
  • Gartenabfälle (=Grünschnitt) dürfen auf keinen Fall im Wald oder in Gewässern entsorgt werden, da sich sonst Neophyten ausbreiten können.


Dieses Medienprojekt wurde von Einsatzstellen und Teilnehmer:innen des Freiwilligen Umweltjahres FUJ im Rahmen des FUJ-Lehrgangs gemeinsam umgesetzt www.fuj.at.

Gefördert im Rahmen des Projekts Umweltkommunikation und Bewusstseinsbildung im Biosphärenpark Wienerwald vom Europäischen Landwirtschaftsfonds für Entwicklung des ländlichen Raumes sowie den Ländern Niederösterreich und Wien.

Quellen

1 https://www.bpww.at/de/artikel/juni-2021-15-jahre-biosphaerenpark-wienerwald-eine-gemeinsame-erfolgsgeschichte abgerufen 26.2.24
2 https://www.waldwissen.net/de/waldwirtschaft/schadensmanagement/pilze-und-nematoden/eschentriebsterben-erreger-neue-pilzart abgerufen 5.3.24
3 https://landwirt-media.com/starthilfe-fuer-die-naturverjuengung/ abgerufen 23.2.24
4 https://www.bundesforste.at/service-presse/presse/pressedetail/news/leben-auf-kleinstem-raum-biotopbaeume-als-hotspot-der-biodiversitaet.html abgerufen 27.2.24

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